Moretum (angemachter Schafskäse)
inde domum cervice levis, gravis aere redibat
vix umquam urbani comitatus merce macelli:
cepa rubens sectique famem domat area porri
quaeque trahunt acri vultus nasturtia morsu
intibaque et Venerem revocans eruca morantem.
85
tum quoque tale aliquid meditans intraverat hortum;
ac primum leviter digitis tellure refossa
quattuor educit cum spissis alia fibris,
inde comas apii graciles rutamque rigentem
vellit et exiguo coriandra trementia filo.
90
haec ubi collegit, laetum consedit ad ignem
et clara famulam poscit mortaria voce.
singula tum capitum nodoso corpore nudat
et summis spoliat coriis contemptaque passim
spargit humi atque abicit; servatum +gramine+ bulbum
95
tinguit aqua lapidisque cavum demittit in orbem.
his salis inspargit micas, sale durus adeso
caseus adicitur, dictas super ingerit herbas,
et laeva +vestem+ saetosa sub inguina fulcit,
dextera pistillo primum fragrantia mollit
100
alia, tum pariter mixto terit omnia suco.
it manus in gyrum: paulatim singula vires
deperdunt proprias, color est e pluribus unus,
nec totus viridis, quia lactea frusta repugnant,
nec de lacte nitens, quia tot variatur ab herbis.
105
saepe viri nares acer iaculatur apertas
spiritus et simo damnat sua prandia vultu,
saepe manu summa lacrimantia lumina terget
immeritoque furens dicit convicia fumo.
procedebat opus; nec iam salebrosus, ut ante,
110
sed gravior lentos ibat pistillus in orbis.
ergo Palladii guttas instillat olivi
exiguique super vires infundit aceti
atque iterum commiscet opus mixtumque retractat.
tum demum digitis mortaria tota duobus
115
circuit inque globum distantia contrahit unum,
constet ut effecti species nomenque moreti.
eruit interea Scybale quoque sedula panem,
quem laetus recipit manibus, pulsoque timore
iam famis inque diem securus Simulus illam
120
ambit crura ocreis paribus tectusque galero
sub iuga parentis cogit lorata iuvencos
atque agit in segetes et terrae condit aratrum.
von dort (vom markt, mb) kommt er mit unbeschwertem nacken und doch schwer an geld zurück, und kaum je bringt er ware aus dem städtischen fleischmarkt heim: rote zwiebel und die area (??) des geschnittenen lauchs zähmen den hunger, und auch die kresse, die mit scharfem biß das gesicht verziehen
läßt, sowie wilde endivien und rauke, die die liebesglut herbeiruft, wenn diese einmal zögerlich ist.
85
dann, während er über solches nachdachte, hatte er auch den garten betreten; und zuerst zieht er vier knoblauchknollen mit gespaltenen fasern aus der leicht mit dem finger aufgegrabenen erde, darauf reißt er zarte sellerieblätter und steife raute heraus und den am schmalen blatt zitternden koriander.
90
sobald er dies gesammelt hatte, setzte er sich ans fröhliche feuer und fordert mit klarer stimme von der magd den mörser. er legt einzelne knoblauchzehen aus der knotigen knolle frei und beraubt sie der äußersten hülle; die läßt er geringschätzig herumfliegen und zu boden fallen. die in kraut aufgehobene knolle
95
netzt er mit wasser und gibt sie in den gehöhlten kreis des steinguts. er streut salzkörnchen darüber, und käse, hart vom aufgenommenen salz, kommt auch hinein, und die oben genannten kräuter; er hält mit der linken das gewand um den borstigen bauch fest und zerdrückt mit dem stößel in der rechten hand als erstes den
100
duftenden knoblauch, zerreibt und vermengt dann alles zu brei. im kreis geht die hand: allmählich verlieren die zutaten ihre je eigentümliche wirkung und aus verschiedenen farben wird eine, die weder ganz grün ist, weil die käsebrocken das verhindern, noch von milch hellweiß, weil sie von so viel kräutern abgetönt wird.
105
oft reizt der scharfe dampf die geöffneten nüstern des mannes, und er verflucht mit verzerrtem gesicht sein frühstück, reibt sich oft mit dem handrücken die tränenden augen und stößt, außer sich über den unschuldigen rauch, schimpfwörter aus. das werk schritt voran; schon ging der stößel,
110
anders als eben noch, nicht umherspringend, sondern bedächtig in langsamem kreise. also träufelt er tropfen palladischen öls und eine geringe menge essigs über die masse, mischt abermals das werk und bearbeitet es erneut. dann erst fährt er mit zwei fingern den mörser rundherum ab und
formt die
115
verteilte masse zu einer kugel, damit das ergebnis den namen und die gestalt des moretums bekomme. in der zwischenzeit hat die fleißige Scybale auch das brot aus dem ofen geholt, welches er freudig mit den händen entgegennimmt; und nun, da die furcht vor dem hunger zerstreut ist und Simulus für wieder einen tag versorgt ist,
120
hüllt er seine beine in gleichhohe stiefel, und mit dem hut auf dem kopf zwingt er die kühe unter das mit riemen versehene joch des vaters, treibt sie aufs feld und taucht den pflug in die erde.
Eine moderne version, die sich bewährt hat, enthält neben schafskäse in salzlake frische küchenkräuter (die man das ganze jahr über tiefgefroren bekommt) und gehackte zwiebel; dafür jedoch fehlt der essig. schmeckt phantastisch zu jeder art von brot. die guttas "tropfen" "palladischen" öls (olivenöl, der ölbaum war der Athene, beinamen Pallas, heilig) sollten nicht wörtlich genommen werden: das ganze verträgt einen ordentlichen schwall öls.
dies ist nur teil eines gedichtes im daktylischen hexameter, das lange zeit Vergil zugesprochen wurde, mit einiger sicherheit aber nicht von ihm stammt. der erste teil handelt unter anderem von der herstellung des brotes. dieses und andere gedichte unbekannter autoren der augusteischen zeit werden in einem sogenannten corpus vergilianum zusammengefaßt. eine sehr hübsche übersetzung in hexametern (von Voß natürlich, wer sonst?) findet sich hier.
(anm. polly: dies hat der nöck geschrieben und auch schon mal köstlichst angerührt)
vix umquam urbani comitatus merce macelli:
cepa rubens sectique famem domat area porri
quaeque trahunt acri vultus nasturtia morsu
intibaque et Venerem revocans eruca morantem.
85
tum quoque tale aliquid meditans intraverat hortum;
ac primum leviter digitis tellure refossa
quattuor educit cum spissis alia fibris,
inde comas apii graciles rutamque rigentem
vellit et exiguo coriandra trementia filo.
90
haec ubi collegit, laetum consedit ad ignem
et clara famulam poscit mortaria voce.
singula tum capitum nodoso corpore nudat
et summis spoliat coriis contemptaque passim
spargit humi atque abicit; servatum +gramine+ bulbum
95
tinguit aqua lapidisque cavum demittit in orbem.
his salis inspargit micas, sale durus adeso
caseus adicitur, dictas super ingerit herbas,
et laeva +vestem+ saetosa sub inguina fulcit,
dextera pistillo primum fragrantia mollit
100
alia, tum pariter mixto terit omnia suco.
it manus in gyrum: paulatim singula vires
deperdunt proprias, color est e pluribus unus,
nec totus viridis, quia lactea frusta repugnant,
nec de lacte nitens, quia tot variatur ab herbis.
105
saepe viri nares acer iaculatur apertas
spiritus et simo damnat sua prandia vultu,
saepe manu summa lacrimantia lumina terget
immeritoque furens dicit convicia fumo.
procedebat opus; nec iam salebrosus, ut ante,
110
sed gravior lentos ibat pistillus in orbis.
ergo Palladii guttas instillat olivi
exiguique super vires infundit aceti
atque iterum commiscet opus mixtumque retractat.
tum demum digitis mortaria tota duobus
115
circuit inque globum distantia contrahit unum,
constet ut effecti species nomenque moreti.
eruit interea Scybale quoque sedula panem,
quem laetus recipit manibus, pulsoque timore
iam famis inque diem securus Simulus illam
120
ambit crura ocreis paribus tectusque galero
sub iuga parentis cogit lorata iuvencos
atque agit in segetes et terrae condit aratrum.
von dort (vom markt, mb) kommt er mit unbeschwertem nacken und doch schwer an geld zurück, und kaum je bringt er ware aus dem städtischen fleischmarkt heim: rote zwiebel und die area (??) des geschnittenen lauchs zähmen den hunger, und auch die kresse, die mit scharfem biß das gesicht verziehen
läßt, sowie wilde endivien und rauke, die die liebesglut herbeiruft, wenn diese einmal zögerlich ist.
85
dann, während er über solches nachdachte, hatte er auch den garten betreten; und zuerst zieht er vier knoblauchknollen mit gespaltenen fasern aus der leicht mit dem finger aufgegrabenen erde, darauf reißt er zarte sellerieblätter und steife raute heraus und den am schmalen blatt zitternden koriander.
90
sobald er dies gesammelt hatte, setzte er sich ans fröhliche feuer und fordert mit klarer stimme von der magd den mörser. er legt einzelne knoblauchzehen aus der knotigen knolle frei und beraubt sie der äußersten hülle; die läßt er geringschätzig herumfliegen und zu boden fallen. die in kraut aufgehobene knolle
95
netzt er mit wasser und gibt sie in den gehöhlten kreis des steinguts. er streut salzkörnchen darüber, und käse, hart vom aufgenommenen salz, kommt auch hinein, und die oben genannten kräuter; er hält mit der linken das gewand um den borstigen bauch fest und zerdrückt mit dem stößel in der rechten hand als erstes den
100
duftenden knoblauch, zerreibt und vermengt dann alles zu brei. im kreis geht die hand: allmählich verlieren die zutaten ihre je eigentümliche wirkung und aus verschiedenen farben wird eine, die weder ganz grün ist, weil die käsebrocken das verhindern, noch von milch hellweiß, weil sie von so viel kräutern abgetönt wird.
105
oft reizt der scharfe dampf die geöffneten nüstern des mannes, und er verflucht mit verzerrtem gesicht sein frühstück, reibt sich oft mit dem handrücken die tränenden augen und stößt, außer sich über den unschuldigen rauch, schimpfwörter aus. das werk schritt voran; schon ging der stößel,
110
anders als eben noch, nicht umherspringend, sondern bedächtig in langsamem kreise. also träufelt er tropfen palladischen öls und eine geringe menge essigs über die masse, mischt abermals das werk und bearbeitet es erneut. dann erst fährt er mit zwei fingern den mörser rundherum ab und
formt die
115
verteilte masse zu einer kugel, damit das ergebnis den namen und die gestalt des moretums bekomme. in der zwischenzeit hat die fleißige Scybale auch das brot aus dem ofen geholt, welches er freudig mit den händen entgegennimmt; und nun, da die furcht vor dem hunger zerstreut ist und Simulus für wieder einen tag versorgt ist,
120
hüllt er seine beine in gleichhohe stiefel, und mit dem hut auf dem kopf zwingt er die kühe unter das mit riemen versehene joch des vaters, treibt sie aufs feld und taucht den pflug in die erde.
Eine moderne version, die sich bewährt hat, enthält neben schafskäse in salzlake frische küchenkräuter (die man das ganze jahr über tiefgefroren bekommt) und gehackte zwiebel; dafür jedoch fehlt der essig. schmeckt phantastisch zu jeder art von brot. die guttas "tropfen" "palladischen" öls (olivenöl, der ölbaum war der Athene, beinamen Pallas, heilig) sollten nicht wörtlich genommen werden: das ganze verträgt einen ordentlichen schwall öls.
dies ist nur teil eines gedichtes im daktylischen hexameter, das lange zeit Vergil zugesprochen wurde, mit einiger sicherheit aber nicht von ihm stammt. der erste teil handelt unter anderem von der herstellung des brotes. dieses und andere gedichte unbekannter autoren der augusteischen zeit werden in einem sogenannten corpus vergilianum zusammengefaßt. eine sehr hübsche übersetzung in hexametern (von Voß natürlich, wer sonst?) findet sich hier.
(anm. polly: dies hat der nöck geschrieben und auch schon mal köstlichst angerührt)
pollykrohm - 23. Sep, 12:23| in: *gaumenfreuden
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